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Schlechtes Wetter?
Wer Börsennachrichten verfolgt, will auch wissen, ob der DAX, der die 30 größten deutschen Aktienwerte enthält, gestiegen ist oder nicht. Gerade wenn er selber Aktien aus dem DAX hält. Und so mancher wundert sich, dass der DAX zwar häufig steigt, die eigenen Aktien manchmal aber nicht vom Fleck kommen. Woran liegt das?
Besucher von außerhalb beglücken uns Hamburger im Rahmen des klassischen Small-Talks gerne mit Hinweisen auf unser im Vergleich zum Süden Deutschlands bereits sprichwörtlich schlechtes Wetter. Ich freue mich dann immer wieder, darauf hinweisen zu können, dass es in München mehr regnet als in Hamburg. Das verblüfft die meisten unserer Gäste. Der Grund für diesen vermeintlichen Widerspruch ist eine sprachliche Feinheit: Was meint in diesem Zusammenhang das Wörtchen mehr?
Das Wetter und die Aktienanlage
Schaut man in die Statistiken, die die gemessenen Niederschlagsmengen festhalten, sieht man, dass die Menge an gefallenem Wasser in München tatsächlich höher ist als in Hamburg. Allerdings verteilt sich der Regen in Hamburg über eine größere Zahl an Kalendertagen, weswegen es in Hamburg häufiger, aber weniger ausgiebig regnet als in München. Deshalb gibt es in München mehr Sonnenstunden.
Ähnliche Irritationen erlebe ich, wenn ich mit Anlegern über den längerfristigen Erfolg von Aktien spreche. Gerade diejenigen, die sich vor bald 20 Jahren einige deutschen Aktien ins Depot gelegt haben, sind der festen Auffassung, dass sich Aktienanlage nicht lohnt. Ein Blick auf die zurückliegende Kursentwicklung ihrer Unternehmensbeteiligungen ist ihnen Beweis genug.
Sind DAX-Aktien doch nicht so erfolgreich?
Und tatsächlich haben die Kurse der im Deutschen Aktienindex DAX jeweils vertretenen Werte seit ihrem seinerzeitigen Höchststand am 7. März 2000 bis heute, Eingangs der letzten Septemberwoche 2019, ein Minus von etwa 12 % zu verzeichnen. Andererseits kann man an eben diesem Börsenindex ablesen, dass sich mit einem Investment in den DAX im selben Zeitraum ein Plus von mehr als 50 % erzielen ließ. Wie kommt dieser Widerspruch zustande? Wer hat Recht?
Ähnlich wie bei dem Nord-Süd-Vergleich des Wetters kommt es auf die Feinheiten an. In diesem Fall muss ich mich fragen, was für mich den Erfolg einer Aktienanlage ausmacht und was ich messen möchte:
- Ist es die Entwicklung des Kurses meiner Aktie?
- Oder sind es die Erträge, die ich während meiner Zeit als Eigentümer der Aktie erhalte, die sogenannten Dividenden?
- Oder ist es gar beides zusammen?
Der DAX und der Zinseszinseffekt
Die Erfinder des DAX waren jedenfalls der Auffassung, dass man sich die beiden Ertragsquellen einer Aktienanlage gemeinsam ansehen sollte, um über Erfolg oder Misserfolg zu entscheiden. Und um den Effekt der jährlichen Dividenden auf den Erfolg der eigenen Aktienanlage zum Ausdruck zu bringen, gaben sie bei der Berechnung ihres Index vor, dass eine jede Dividende umgehend nach Erhalt sofort in zusätzliche Aktienanteile zu investieren sei. So stieg die Zahl der gehaltenen Aktien Jahr für Jahr – und damit auch die Dividendensumme, so dass jedes Jahr wiederum mehr in Aktien investiert werden konnten als im Vorjahr. Das lässt sich mit dem bekannten Zinseszinseffekt beim Sparbuch vergleichen – damals, als es noch Zinsen gab.
Dividenden machen den Unterschied
Vermutlich ahnen Sie bereits, wo der Erfolg der Aktienanlage herrührt, obwohl doch die Aktienkurse selbst per Saldo nachgegeben haben: Die – wiederinvestierte – Dividendensumme der vergangenen 19 Jahre hat den parallelen Kursrückgang mehr als ausgeglichen. Wenn Sie also künftig die Entwicklung des DAX betrachten, machen Sie sich bitte immer bewusst, dass diese auch alle erhaltenen und wiederangelegten Dividenden enthält. Anders gesagt: Selbst wenn die Kurse aller im DAX enthaltenen Aktien sich binnen zwölf Monaten nicht verändern sollten, würde der DAX dennoch um etwa zwei bis drei Prozent steigen – das entspricht dem Wert der zur Ausschüttung gekommenen Dividenden.
Wie gut entwickelt sich meine Geldanlage?
Per Saldo hat übrigens eine Aktienanlage im DAX in der Vergangenheit über mehrjährige Zeiträume regelmäßig besser als das Sparbuch bzw. Festgeld abgeschnitten und vor allem die Inflation deutlich geschlagen. Letzteres ist für jede langfristig ausgerichtete Geldanlage die vornehmste Pflicht und damit für Sie der wichtigste Vergleichsmaßstab – zusätzliche Prozentpunkte sind natürlich willkommen. In den letzten zehn Jahren war – gemessen am deutschen Verbraucherpreisindex – eine Wertentwicklung von 1,3 % notwendig, um die eigene Kaufkraft zu erhalten bzw. die Inflation zu schlagen.
Performance- versus Kursindex
Schaut man sich weltweit bei anderen bekannten Börsenindizes um, zählt der DAX in seiner abends, kurz vor der Tagesschau zitierten Variante zu den sogenannten Performance-Indizes. Das sind diejenigen Vertreter, die auch die wiederangelegten Dividenden abbilden. Und damit übrigens am ehesten einem Fonds vergleichbar sind. Viele andere populäre Marktbarometer gehören hingegen zur Kategorie der reinen Kursindizes. Diese visualisieren lediglich, was sich in punkto Kursgewinne getan hat. Vorne weg die Amerikaner mit dem Dow Jones Industrial oder dem S&P 500 und die Japaner mit dem Nikkei 225.
Vergleicht man also die Entwicklung eines Performance-Index mit der eines Kursindex, dann ist das so, als wenn ich Regenmenge mit Regentagen vergleiche. Man kann es machen, aber das Wissen um die Feinheiten hilft.