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25. Januar 2021

Mietfrei Wohnen im Alter – geht das überhaupt?

Das Eigenheim ist für viele ein wichtiger Bestandteil der Altersvorsorge: Mietfrei Wohnen im Alter wird mit einem Gefühl der Freiheit gleichgesetzt. Unser Autor berichtet von seinen eigenen Erfahrungen.


Liebe Leserin, lieber Leser,

im Oktober vergangenen Jahres habe ich mir eine Gasheizung einbauen lassen. Und nein, ich möchte mit Ihnen jetzt nicht in eine Abwägung verschiedener Energieformen bzw. Heiztechniken einsteigen. Ich will Sie nur an einem Satz teilhaben lassen, den einer der bei mir vorstellig gewordenen Handwerker fallen ließ: „Das wird Ihre letzte Heizung sein.“

Jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten und ein Würfel gar sechs. In diesem Fall schwankte meine innere Reaktion zwischen Betroffenheit – „Sehe ich wirklich schon so alt aus?“ – und Ungläubigkeit – „So lange wird diese Heizung auch nicht halten.“. Nach Außen hin entschied ich mich für ein Grinsen und „Ich hatte schon gehofft, auch diese Heizung noch zu überleben …“, was der Handwerker – kundenorientiert durch und durch – mit einem eifrigen Nicken und einem ebenso breiten Grinsen quittierte. Wir verstanden uns.

Mietfrei Wohnen im Alter?

Dieser Dialog, der – wie Sie merken – mich auch jetzt noch nicht losgelassen hat, führt zu einem Aspekt, der häufig in Verbindung mit dem Erwerb eines Eigenheims fällt: mietfreies Wohnen im Alter.

Es gibt, so schätze ich, in den bunten Broschüren aller Immobilienfinanzierer weltweit keinen Begriff, der häufiger zum Einsatz kommt, wenn es darum geht, die Vorzüge eines Eigenheims zu vermitteln. Die Botschaft ist schlicht und direkt und deshalb gut zu verstehen: Ich werde keine Miete mehr an einen Dritten zahlen, ich bin frei.

Miete zahlen, das spürt man bei dieser Botschaft, ist eine Form moderner Leibeigenschaft. Es schwingt mit, ausgeliefert zu sein, schutzlos dem Willen eines, wenn nicht Großgrund-, so doch zumindest Wohnblockbesitzers unterworfen zu sein. Das eigene Heim führt einen hinaus aus dieser Sklaverei. Und das dauerhaft.

Aus eigener Erfahrung kann ich lediglich berichten, dass das Verhältnis zu meinen jeweiligen Vermietern eher unpersönlich war. Gefühle von Leibeigenschaft kamen hingegen nicht auf.

Das Eigenheim als Klumpenrisiko?

Das änderte sich, als ich Ende der 90er Jahre den Kaufvertrag für mein Haus und die dafür notwendige Immobilienfinanzierung nebst Grundschuld über 300.000 DM unterschrieb. Während das ältere Ehepaar, dessen Haus ich kaufte, mich nach dem Notartermin freudestrahlend zu Kuchen und Tee einlud, beschäftigte mich eher die Frage, ob ich mir nicht gerade einen Strick um den Hals gelegt hatte. Der größte Teil meiner Ersparnisse war nun in einem einzigen Gegenstand gebunden – ein Klumpenrisiko, so schalt ich mich. Denn die wichtigste Grundregel für die eigenen Kapitalanlagen lautet, selbige breit zu streuen. Also nicht 20 oder mehr Prozent in eine einzige Aktie, eine einzige Anleihe o.ä. zu investieren. Der Kauf einer Immobilie war – bezogen auf meine finanzielle Situation – ein klarer Verstoß. Insofern interpretierte ich in meiner kleinen Welt den Kauf als Konsumentscheidung. Eine zugegebenermaßen kostspielige Entscheidung – aber immerhin kein Verstoß mehr gegen die Grundregel Nummer eins.

Das Gefühl von Leibeigenschaft hingegen blieb – und verstärkte sich noch, als ich in den ersten Jahren im Zuge der notwendigen Entkernung und Renovierung weiteres Geld aufnehmen musste. Gelegt haben sich diese Gedanken erst zwei, drei Jahre nach meinem Einzug. Und ja, heute empfinde ich das eigene Heim auch als Form von Freiheit.

Instandhaltungskosten statt Miete

Allerdings sollte sich niemand der Illusion hingeben, dass die Freiheit des mietfreien Wohnens mit kostenfreiem Wohnen im Alter zu übersetzen wäre. Denn Geld verlangt das Wohnen im Alter auch im Eigenheim. Das fängt mit der oben zitierten Heizung an, setzt sich mit einer späteren Dachsanierung fort und umfasst die vielen kleinen und großen Schönheitsreparaturen, die vorgenommen werden müssen, sollen daraus keine teureren Maßnahmen erwachsen.

Insofern sollten Sie bereits beim Erwerb eines Eigenheims an dessen spätere Instandhaltung denken – die bei einer gebrauchten Immobilie sicherlich früher auf Sie zukommen wird als bei einem Neubau. So mancher greift dafür zum Bausparvertrag, um sich zugleich einen Darlehensanspruch zu sichern. Doch wer ausreichend Zeit hat, Eigenkapital für diese handwerklichen Maßnahmen zu bilden, kann genauso gut in ein Fondsportfolio investieren. Ich persönlich habe beide Eisen im Feuer – das eine tun, ohne das andere zu lassen, wie ein früherer Kollege von mir gern zum Besten gab.

Und ja, berücksichtigen Sie bitte, dass Sie nicht nur die Immobilie im Alter unterhalten wollen, sondern auch sich selbst. Eine Altersvorsorge tut also weiterhin Not – denn eine Immobilie kann, wie oben skizziert, diese nicht ersetzen. Zusätzliche Instrumente wie ein weiteres Fondsportfolio, eine private Rentenversicherung bleiben also gefragt.

In diesem Sinne wünsche ich auch Ihnen, dass Sie die für sie richtige Form des Wohnens identifizieren und dann auch finanzieren können.

Mit herzlichen Grüßen aus Hamburg,

Wolff Seitz
Leiter Produktmanagement Investment

Seine ersten beiden Aktien kaufte er als Teenager 1987 inmitten des schwarzen Oktobers – leider nicht am Tiefpunkt und zudem beides deutsche Autotitel, also ohne Risikostreuung. Um diese und ähnliche Fehler zu reduzieren, absolvierte er bei einer norddeutschen Regionalbank zunächst eine Ausbildung zum Bankkaufmann und parallel zu seiner Tätigkeit als Anlageberater ein BWL-Studium an der FernUniversität Hagen. Sein Ziel für ONVEST: Kapitalanlage entmystifizieren – die Börse ist der Wochenmarkt für Wertpapiere – und den Zugang zur professionellen Geldanlage so einfach und komfortabel wie möglich machen.

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