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Königliche Denkanstöße für Anleger
Wenn es um Bildungsurlaub geht, ist England gerade unter Jugendlichen nach wie vor ein beliebtes Ziel. Doch manchmal reicht es auch, einer Rede des britischen Staatsoberhauptes zu lauschen, um etwas fürs Leben und sogar für den Kapitalmarkt mitzunehmen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
nein, als Jugendlicher war ich nie in England. Das habe ich erst jenseits der vierzig nachgeholt. Doch wie schon bei anderen Gelegenheiten erwähnt, pflege ich eine gewisse Affinität für unsere nur durch die Nordsee von uns getrennten Nachbarn. Und so habe ich mir vor wenigen Wochen die Rede angesehen, mit der sich Königin Elizabeth II. aus aktuellem Anlass an ihre Bevölkerung wandte. Darin brachte sie nicht nur ihren Dank für die Mitarbeiter des britischen Gesundheitswesens zum Ausdruck, sondern ging auch auf die Entbehrungen und Einschränkungen ein, die für die Bevölkerung aus den seitens der britischen Regierung getroffenen Maßnahmen rund um das Coronavirus resultieren. Ich war beeindruckt von der Präsenz, die diese Dame von – sie möge es mir bitte nachsehen, dass ich ihr Alter hier nenne – mittlerweile 94 Jahren ausstrahlte. Aber eben dieses Alter und ihre persönlichen, geradezu historischen Erfahrungen verleihen ihren Worten ein hohes Maß an Authentizität und daraus abgeleiteter Glaubwürdigkeit.
Die Rede der Queen – ein Auszug
Aus psychologischer Sicht fand ich besonders die Passage ihrer Rede interessant, in der sie aus der Zukunft auf das Heute zurückblickt: „Ich hoffe, dass in den kommenden Jahren alle stolz darauf sein können, wie sie auf diese Herausforderung reagiert haben. Und diejenigen, die nach uns kommen, werden sagen, die Briten dieser Generation waren so stark wie alle anderen. Dass die Attribute der Selbstdisziplin, der ruhigen, gutgelaunten Entschlossenheit und des Mitgefühls dieses Land immer noch kennzeichnen. Der Stolz darauf, wer wir sind, ist nicht Teil unserer Vergangenheit, er bestimmt unsere Gegenwart und unsere Zukunft.“[1]
Denn mit dieser Form der Visualisierung nimmt die Monarchin den Erfolg, den die heute ergriffenen Maßnahmen haben sollen, bereits vorweg – und stabilisiert damit die Zuversicht und den Durchhaltewillen der Briten.
Eine Orientierungshilfe im Umgang mit Aktien
Als ich diese Passage einsinken ließ, wurde mir bewusst, dass sie sich sinngemäß auf die Gruppe der privaten Anleger übertragen lässt. Denn von diesen fragen sich viele, ob sie jetzt Aktien und Anleihen kaufen sollen bzw. an ihren Wertpapieren festhalten sollen.
Vielleicht also etwa so: „Ich hoffe, dass wir in ein paar Jahren stolz darauf sein können, dass wir uns von der Hektik des Augenblicks und den kurzfristigen konjunkturellen Ausblicken nicht haben beirren lassen. Und unsere Nachfahren werden ein Loblied auf uns singen, dass wir diszipliniert an unseren langfristigen Plänen festgehalten, die Ruhe und unseren Humor nicht verloren sowie diejenigen finanziell unterstützt haben, denen es schlechter ging als uns. Der Stolz darauf, wer wir sind, ist nicht Teil unserer Vergangenheit, sondern er bestimmt unsere heutigen und auch künftigen Anlageentscheidungen.“
Daraufhin habe ich dann gleich noch ein paar Aktienfondsanteile erworben.
Und jetzt überlege ich, ob ich der Königin ein paar persönliche Zeilen des Dankes schreiben soll. Nicht nur in den Zeiten des Brexits sind auch kleine Gesten völkerverbindend.
Mit herzlichen Grüßen aus Hamburg,
[1] Für Freunde der englischen Sprache nachstehend der originale Redetext: „I hope in the years to come everyone will be able to take pride in how they responded to this challenge. And those who come after us will say the Britons of this generation were as strong as any. That the attributes of self-discipline, of quiet good-humored resolve and of fellow-feeling still characterize this country. The pride in who we are is not a part of our past, it defines our present and our future.”