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6 % Zinsen – zugreifen solange der Vorrat reicht
Rendite um jeden Preis? Lieber nicht. Im schlimmsten Fall versenken Anleger ihr Geld komplett. Es gibt einige Hinweise, wann Ihre Alarmglocken schrillen sollten.
Auf der Website einer meiner in Frankfurt beheimateten Lieblingszeitungen stolperte ich dieser Tage wieder im Rahmen einer Anzeige über die frohe Kunde, dass ich auch in der seit Jahren anhaltenden Niedrigzinsphase für mein Erspartes nicht auf feste Zinsen von 6% zu verzichten brauche.
Da musste ich so breit grinsen, dass ich umgehend auf die seriös wirkende Anzeige geklickt habe, um mich auf einen Ausflug in die schöne Welt des Scheins zu begeben. Und was soll ich Ihnen sagen: Ich wurde nicht enttäuscht. Zunächst erfuhr ich, dass ich mich zu 100% kostenlos und unverbindlich über dieses Angebot würde informieren können. Was ja keine Selbstverständlichkeit ist, oder? Dass die 6 % Zinsen sich im weiteren Verlauf als kaufmännisch gerundete 5,5% pro Jahr herausstellten, habe ich großzügig übersehen – wer wird bei diesen tollen Zinssätzen schon kleinlich sein wollen.
Unseriöse Anbieter in Sachen Geldanlage erkennen
Dies umso mehr als ich das werbende Unternehmen googelte – und auf zahlreiche Berichte verwiesen wurde, die in den Digitalangeboten bekannter Zeitungen und Zeitschriften wie z. B. Handelsblatt, Focus oder Tagesspiegel erschienen waren. Jeder Beitrag wusste das außergewöhnliche Geschick dieses Unternehmens in den kräftigsten Farben zu zeichnen. Und wollte mir damit mittelbar signalisieren, dass es sich hier um eine äußerst solide Form der Geldanlage handelt.
Beim Handelsblatt musste ich erst einen Screenshot des Beitrages machen und diesen dann vergrößern, um den in weißer Schrift auf hellgrauem Hintergrund gehaltenen Hinweis zu entziffern. Dieser war mit dem Begriff Anzeigensonderveröffentlichung überschrieben und führte aus, dass sämtliche Inhalte der besagten Seite ein Angebot des Anzeigenpartners seien und das Handelsblatt nicht verantwortlich sei. Ähnliche Hinweise fanden sich – mehr oder minder gut lesbar – auf den Seiten der anderen Medienpartner.
Vom Ergebnis meines kleinen Ausfluges wurde ich also nicht enttäuscht. Denn wenn Ihnen eine Firma für ihre Anleihen um ein Vielfaches höhere Zinsen bietet als etablierte Unternehmen aus der Industrie, der Banken- oder Versicherungsbranche, dann sparen Sie sich die Zeit, die Sache ergründen zu wollen. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Sitz dieser Firma in der Schweiz oder anderen, durchaus noch aus dem Geografieunterricht vertrauten Flecken befindet. Selbst wenn Sie glauben, den Firmennamen zuvor bereits gehört zu haben: Es gehört leider zu den grundlegenden Fertigkeiten einer jeden Marketingabteilung, Namen zu kreieren, die Vertrauen einflößen oder gar denjenigen bekannter Unternehmen oder historischer Lichtgestalten ähneln.
Lassen Sie sich beim Thema Geldanlage nicht übers Ohr hauen
Wenn Sie allerdings mein berufliches Interesse teilen: Dann begeben Sie sich auch gern auf derartige Ausflüge – aber ersparen Sie es sich, Ihre Anschrift oder gar Telefonnummer zwecks Erhalts weiterer Informationen anzugeben. Denn das kann sich zu einer nicht enden wollenden Werbelawine auswachsen.
Sie werden einen Eindruck davon bekommen, wie man sich mit guter Kenntnis der Algorithmen einschlägiger Internet-Suchmaschinen und gekauften, anzeigengleichen Beiträgen in renommierten Medien den Anschein von Reputation zu verleihen vermag.
Und damit wären wir bei meiner eigentlichen Enttäuschung: Dass solche Firmen immer wieder Medienpartner finden, deren eigene Redakteure die beworbenen Anlageformen privat nicht mal mit der Kneifzange anfassen würden. Insofern gilt leider auch weiterhin: Augen auf bei der Geldanlage – auch und gerade, wenn die Angebote zu gut sind, um wahr sein zu können.